Nun haben wir es geschafft und dürfen tatsächlich den ersten Geburtstag der "Wir retten"-Aktionen feiern. So klein hatte es angefangen, als der liebe Jürgen der
Giftigen Blonden und mir eine Mail schickte mit einem Link zu einem Rezept, in dem Liptauer vorgestellt wurde - ein Brotaufstrich, der sicher gut war, aber mit dem, wie man in Österreich Liptauer macht, eigentlich nichts zu tun hatte. Und so ergab es sich, dass wir drüber lamentierten, dass keiner mehr kochen mag und keiner mehr weiß, wie man die Klassiker zusammenrührt - bis auf uns natürlich! Klar, oder? Daraus entstand die kleine Aktion
Rettet den Liptauer. Mittlerweile sind wir eine lose Gruppe in ansehnlicher Zahl geworden, in der ich mich sehr wohl fühle. Wir suchen gemeinsam aus, was wir als Nächstes retten wollen, wer will, macht mit, wer nicht mag, lässt es bleiben.
Okay, diese Rettung hier war jetzt ein aufgelegter Elfer, weil auch immer mehr Geburtstagskuchen und -torten aus der Tiefkühlabteilung im Supermarkt gekauft werden. Und ich hab gleich noch einen aufgelegten Elfer, weil Jürgen, der supergeniale Tortenbäcker mir einen Klassiker der Wiener Backtradition frei Haus liefert: Sachertorte!
Es freut mich sehr, dass ich wieder bei Susi zu Gast sein darf, um zum „Rettungsgeburtstag“ eine süße Kleinigkeit beizusteuern.
So einfach wie genial ist die Kombination von Schokolade mit
Marillenmarmelade und etwas kühlem Schlagobers, welches Schokoliebhaber
in höchste Verzückung geraten lässt und mittlerweile zum Synonym der
Wiener Mehlspeistradition wurde.
Der 16-jährige Franz Sacher hat die Torte 1832 am Hofe des Fürsten
Metternich in ihrer Grundform erfunden und sein Sohn, der im Dienste der
k. u. k. Hofzuckerbäckerei (damals Dehne) stand, hat die Torte in der
heute bekannten Form vollendet. Später eröffnete er das berühmte Hotel
Sacher in Wien.
Aufgrund dieses geschichtlichen Hintergrundes entstand der jahrelange
Streit um die Original Sachertorte zwischen den Häusern Demel und
Sacher. Das Hotel Sacher führt nun den Zusatz „Original“, das Haus Demel
führt die Bezeichnung Demels-Sachertorte, im Volksmund „Echte
Sachertorte“ genannt.
Im Sacher wird die Torte mittig durchgeschnitten und mit
Marillenmarmelade gefüllt und aprikotiert, im Demel wird die Torte nur
außen aprikotiert.
Die Sachermasse ist eine halbschwere Sandmasse mit Schokolade. Da diese
nur aus Butter, Zucker, Schokolade, Eiern und Mehl besteht, steht und
fällt der Geschmack natürlich mit der verwendeten Schokolade.
Ich rate von der Verwendung von preiswerter Kochschokolade mit eher
flachem Kakaogeschmack ab. Gerne verwende ich eine kräftige Schokolade
um die 70% Kakaogehalt mit entsprechend höherem Kakaobutteranteil. Ich
habe für die Torte die Kuvertüre „Bio-Basic Nobelbitter 70“ von Zotter
verwendet.
Als Konterpart zur süßen Schokoladenmasse besteht eine Marillenmarmelade
ab 70% Fruchtanteil, die der Schokolade genug Fruchtsäure entgegensetzt,
ohne dabei recht süß zu sein.
Auf dem Foto seht ihr die Zutaten für eine Sachertorte. Ja, es sind
wirklich nur eine Handvoll. Die Industrie will uns auf Ihren
Zutatenlisten aber immer gegenteiliges „einreden“. ;-)
Für eine „Original“ Sachertorte wird – wie auch von Sacher und Demel
verwendet – eine gekochte Glasur (Schokoladekonserveglasur), bestehend
aus Schokolade, Zucker und Wasser verwendet. Diese Glasur ist nicht ganz
einfach in der Herstellung und Verarbeitung, daher verwenden viele
andere Glasuren (Schokolade mit Butter, Ganache ...)
Wer noch tiefer in das Sachertortenuniversum eindringen möchte, kann
hier in der PDF-Datei des Bundesministeriums für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachlesen:
click
Für eine Sachertorte im Durchmesser von ca. 22 cm
150 g Butter, weich
70 g Staubzucker
80 g Kristallzucker
6 Eier
150 g Schokolade, um die 70 % Kakaogehalt
150 g Mehl, glatt
Schokolade schmelzen und die Eier trennen.
Butter mit Staubzucker schaumig rühren, die Dotter nacheinander
unterrühren und die Schokolade beigeben.
Eiklar schaumig schlagen, Kristallzucker einrieseln lassen und zu
schmierigem Schnee weiterschlagen.
Schnee mit einem Teigschaber unter die Buttermasse heben, das Mehl
darüber sieben und ebenfalls unterheben.
In einer gebutterten und bemehlten Springform oder in einem Tortenreifen
bei 200 °C Ober- und Unterhitze bzw. 180 °C Heißluft für 10 Minuten
backen, danach die Temperatur um 20 Grad senken und fertig ausbacken.
Dauer insgesamt ca. 40 bis 50 Minuten (Stäbchenprobe).
Torte etwas überkühlen lassen, aus der Form lösen, auf ein
Kuchengitter stürzen und auskühlen lassen.
Für die Schokoladekonserveglasur
150 g Zucker
125 g Schokolade, um die 70 % Kakaogehalt
60 g Wasser
Wasser, Zucker und Schokolade erhitzen und unter Rühren bis auf 108 °C
kochen. Die Glasur in ein anderes Gefäß durchseihen und nun entweder mit
dem Kochlöffel die Glasur im Topf an der Gefäßwand rühren, oder in der
Küchenmachine mit dem K-Rührer im langsamsten Gang abkühlen lassen.
Dabei kühlt die Glasur auf Verarbeitungstemperatur ab, wird dicker und
bekommt einen schönen Glanz.
Die Torte zusammensetzen
Die Torte einmal waagrecht in zwei Teile schneiden und mit gut einem
halben Zentimeter Marillenmarmelade (hier sehr großzügig verfahren, da
die Torte aus der Marmelade Feuchtigkeit ziehen kann) füllen.
Die Torte mit heißer, passierter Marillenmarmelade aprikotieren, und mit
der temperierten Glasur überziehen. Insgesamt wird ca. 400 g
Marillenmarmelade benötigt.
In der Tabelle habe ich beispielhaft einige Rezepte von „österreichischen Sachertortengrößen“ gegenübergestellt. Ihr seht, dass alle recht eng beieinander liegen. Nur Ruhm schlägt mit 8 Eiern aus der Reihe. Die Rezepte von Sacher, Zauner und Oberlaa haben mehr Zucker.
Quellen:
Sacher: aus dem „Sacher-Kochbuch“
Prato und Rokitansky: Rezepturen aus historischen Kochbüchern
Ruhm (Fernsehkochlegende) und Zauner (Konditorei in Bad Ischl)
Trauner und Oberlaa: Fachbücher für die Konditorei
Dieses Mal bei der Rettungsaktion dabei:
Giftige Blonde
lieber lecker
from snuggs kitchen
Barbaras Spielwiese
magentratzerl
Fliederbaum
Kochtopf
kebo homing
Paprika Meets Kardamom
Conjas Eck
genial lecker
Widmatt