Freitag, 3. Juli 2015

Sarde in saor




Im Mai waren wir in Norditalien und da wurden gerade die ersten Sardinen aus der Adria gefischt. Wie immer, wenn wir in Italien sind und diese Zeit erwischen, esse ich Sarde in saor. Die kleinen Fischerln schmecken mir total gut, mit diesem Rezept ganz besonders. Nicht umsonst heißt "saor" im venezianischen Dialekt "Geschmack".
Dass es ein ursprüngliches Fischeressen war, erkennt man an der Zwiebelmenge, die früher in Italien zur Vorbeugung von Skorbut gegessen wurde. Anscheinend war die ursprüngliche Variante 2 Teile Zwiebel und 1 Teil Sardinen. Das Verhältnis 1:1 entspricht aber eher meinem Geschmack.
Dieses Gericht hat trotz der Zwiebelmenge ganz und gar nichts Deftiges an sich, sondern ist ein ausgewogenes Spiel von Aromen und recht sanft. Eben deswegen dachte ich, das Rezept sei weiß Gott wie ausgefuchst, außerdem hatte ich bis dahin noch nie Sardinen ausgenommen und filetiert, also war diesen Frühsommer meine Premiere angesagt und ich habe Sarde in saor erstmals selber gemacht.
Das Rezept ist wieder einmal eine Mischung aus vielen Rezepten, die sich im Internet herumtreiben.

Sehr wichtig ist der Essig, der ja in ziemlichen Mengen in das Essen kommt. Wie fast immer nehme ich Essig von der Firma Gegenbauer. Die beiden abgebildeten Essigsorten sind diejenigen, die ich für dieses Gericht für sehr geeignet halte: fruchtig, mit einer milden Säure und recht sanft kommen beide daher.
Man sollte in diesem Fall wirklich nicht einfach irgendeinen Essig nehmen, denn damit kann man sich dieses Essen sicher ruinieren. Sardinen sind eh total günstig (ich habe für ein halbes Kilo nicht einmal fünf Euro bezahlt), und ein guter Essig sollte sowieso im Haus sein, wenn man zum Beispiel bald die Steinpilze mit Pfirsichen macht, die bei uns jährlich ein Pflichtprogramm sind.
Man fängt mit dem Kochen für die Sarde in saor 2 Tage vorher an. Da tut sich aber noch nicht so viel, man weicht lediglich eine Hand voll Rosinen in 1/8 l Weißwein ein. Zum Wein gibt es von mir keine Abhandlung, denn da bin ich nicht so firm. Süß soll er halt auf keinen Fall sein. Bei mir war es ein Riesling.

Sardinen ausnehmen: Das ist wirklich nicht schwer. Ein nicht zu großes, sehr scharfes und spitzes Messer ist aber Voraussetzung.
Man wäscht die Fischerln, schneidet ihnen den Kopf ab und den Bauch auf. Dann nimmt man die Innereien raus und legt dabei gleich die Gräten frei. Die kann man mit dem Rückgrat einfach rausziehen. Was man nicht vergessen sollte: Rücken- und Bauchflosse. Die sind sehr klein, würden aber beim Essen stören. Ich hab keine Ahnung, ob Könner die Rückenflosse so entfernen können, dass der Fisch ganz bleibt. Bei mir hat sich dadurch der Fisch halb aufgespalten, wie man es auf dem Foto sieht. 
Dann werden die Fische trockengetupft und können weiter verarbeitet werden.



Zutaten für 2 Hauptspeisen- oder 4 Vorspeisenportionen:
1/2 kg Sardinen
1/2 kg Zwiebel, am besten die weißen italienischen Gemüsezwiebel
1/8 l Weißwein
1/8 l Weinessig
1/8 l Wasser
Salz
schwarzer Pfeffer
1 Hand voll Rosinen
1 Hand voll Pinienkerne, geröstet
Öl zum Braten
Mehl zum Stauben




24 Stunden (so in etwa) vor dem Servieren geht es dann mit dem Kochen los:
Die filetierten Sardinen in Mehl wenden und beidseitig in Öl knusprig braten. Auf Küchenrolle abtropfen lassen.
Zwiebel schälen und in möglichst feine Ringe hobeln. In Öl anschwitzen, ohne dass der Zwiebel Farbe annimmt. Mit dem Wasser, dem Wein samt Rosinen und dem Essig aufgießen und 10 - 15 min. sanft schmurgeln lassen, bis der Zwiebel weich ist. In der Zwischenzeit die Pinienkerne trocken rösten. Am Ende der Garzeit die Pinienkerne zum Zwiebel geben. Sanft (!) salzen, mit frisch gemahlenem schwarzem Pfeffer würzen.
In einer Flachen Keramikform werden nun schichtweise die Zwiebel-Rosinen-Pinienkernmischung und die gebratenen Fischerln eingelegt. Mit Zwiebelmischung oben abschließen, den Sud drüberleeren. Sehr viel Sud ist dann übrigens nicht mehr übrig, die meiste Flüssigkeit wird vom Ziebel aufgesogen oder verdampft beim Köcheln.
Mit Klarsichtfolie abdecken und in den Kühlschrank stellen zum Durchziehen.

Am nächsten Tag muss man nur noch die Form rechtzeitig aus dem Kühlschrank nehmen, damit der Fisch nicht eiskalt ist. Fisch und Zwiebel auf Teller verteilen, den Sud dazugeben. Mit italienischem Weißbrot, am liebsten Ciabatta servieren. Es geht auch Baguette, aber stilecht ist das dann nicht.



Nun bin ich ganz stolz auf mich, dass ich eines meiner allerliebsten Urlaubsrezepte auch selber so gut kochen kann. Und dass ich es geschafft habe, die Sardinen zu zerlegen, ohne sie in Fetzen zu reißen. Es ist aber wirklich nicht schwer. Sich einfach mal trauen und einfach mal machen! Jetzt ist die perfekte Jahreszeit für diese Fische und für dieses Essen, also los!

16 Kommentare :

  1. Das hast Du aber sehr gut hinbekommen, das macht mich jetzt richtig an!
    Liebe Grüsse aus dem tropischen Zürich,
    Andy

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    1. Danke für das Kompliment.
      Liebe Grüße aus dem ebensolchen Wien!

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  2. Ein leckeres Sommeressen, mal sehen wann ich hier Sardinien bekomme. Vielleicht beim Türken. Hering müsste aber auch gehen. LG Konny

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    1. Aber du bist ja am Meer, Konny, kriegt ihr da nicht Fisch in Hülle und Fülle? Das ist so meine romantisch-verklärte Vorstellung.

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    2. Na am Meer wohnen wir nicht gerade. Zur Ostsee sind es bestimmt 200 km von Berlin aus. Oder hast du mich wieder nach Hamburg umgesiedelt ;-)) Und zur Nordsee sind es bestimmt fast 300 km. Aber Sardinien die gibt es da wohl eher nicht.

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    3. Sorry, aber mit dem Tablet werden die Kommentare oft zweimal geschickt, warum auch immer

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    4. Kein Problem, Konny. Ich lösche die leeren Kommentare wieder raus.
      Und ja: Ich habe dich innerlich wieder nach Hamburg getan. Sorry! Ich hoffe, ich krieg das irgendwann in meinen Kopf, dass du in Berlin wohnst.

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    5. Hamburg ist ja auch eine schöne Stadt.

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  3. Mag ich auch seeeehr, hab ich aber noch nie selbst gemacht. Hm, vielleicht geh ihc es einmal an, wenn ich Sardinen bekomm

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    1. Bei mir war es auch das erste Mal. Und weil es so gut geworden ist, habe ich es dann gleich noch einmal gemacht, als wir Gäste hatten. Die waren auch sehr angetan.

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  4. Das würde mich mit Sicherheit auch schmecken, vorausgesetzt ich käme an Sardinen- das ist hier nicht so einfach. Das Meer ist einfach zu weit weg...

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    1. Hier bekommt man Sardinen auch nur bei richtigen Fischhändlern, weil sie eigentlich zu "minder" sind, um sie im Supermarkt anzubieten. Dabei schmecken die richtig gut.

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  5. Was für ein herrliches Gericht! Und ich glaube, an Sardinen komme ich hier auch ran. :-) Allerdings erst, wenn die Ozonwerte wieder gesunken und die Temperatur auf mindestens 20°C gesunken ist... ;-)

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    1. Wenn die Temperaturen so stabil hoch sind, kaufe ich auch keinen Fisch mehr, weil ich mir da sehr unsicher bin, wie es sich mit der Kühlkette verhält.

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  6. mmhhh, diesen Beitrag sehe ich jetzt erst, das ist meine absolute Lieblingsvorspeise im Süden und habs auch vor Jahren selber probiert, allerdings mit ziemlich kleinen Fischerln, was eine etwas mühevolle Sache war... geschmeckt hats toll!
    muss ich wieder machen!
    lg

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    1. Der Gruber am Naschmarkt hat schöne Sardinen (allerdings jetzt in Sommerpause) und im Frischeparadies im 12. gibt es auch sehr gute, die nicht so futziklein sind. Mit den normal großen geht es eigentlich ganz gut. Ich hatte es mir mühsamer vorgestellt.

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