Dienstag, 7. Juli 2020

[Buchbesprechung] Gutsküche: Geschmack ist meine Heimat von Matthias Gfrörer

Enthält Werbung (Rezensionsexemplar, Verlinkungen, Namensnennungen) ohne Auftrag, ohne Bezahlung.

Mein Balkonien ernährt uns trotz aller Bemühungen ganz und gar nicht, daher lese ich Kochbücher wie dieses hier immer mit einem tiefen Seufzer: Matthias Gfrörer betreibt nach Lehrjahren in Berlin und Wanderjahren von New York nach Südfrankreich, Dubai und Spanien mit seiner Frau das Gut Wulksfelde als Bio-Landwirtschaft. Im Kochbuch präsentiert er die Lieblingsrezepte seiner Landhausküche, sich selber, seine Art zu leben und zu kochen.

Die Fotos stammen von Elissavet Patrikiou, einer Wahl-Hamburgerin mit griechischen Wurzeln, die bisher sechs eigene Kochbücher veröffentlicht hat. Ihre Schwerpunkte liegen im Bereich Kochbuch und Reportage, zu ihren Kunden zählen unter anderem Lufthansa, Beef, Stern, Effilee, GU, Hölker, Matthaes und der Südwest Verlag. Die Fotos sind schnörkellos und klar, das Essen liegt nicht in der Gegend herum. Manche Fotos sind auffällig kontraststark, insgesamt jedenfalls sehr harmonisch.

Das Buch ist sehr schön gestaltet: Ganz edel in schwarzweiß mit Goldprägung kommt der Umschlag daher. Man wird mitgenommen, um ein ganzes Jahr auf dem Hof, mit der Familie, mit den zuliefernden Produzenten und in der Küche mit Matthias Gfrörer zu verbringen: Die nachhaltige Philosphie wird der/m LeserIn nahe gebracht und man merkt den umsichtigen Umgang und den Respekt, den der Autor mit seinen Produkten hat. Die Rezepte sind nach Jahreszeiten gegliedert. In jedem Kapitel finden sich Vorspeisen, Suppen, Fisch-, Fleisch- und vegetarische Rezepte sowie Desserts und Kuchen. Der Schwerpunkt liegt auf regionalen Produkten. Am Ende des Buches findet man kurze Exkurse zu Fisch & Meer und Fleisch, Geflügel & Wild. Schön finde ich die Basis-Rezepte, in denen Gewürz-Salze, Fonds und Saucen gezeigt werden. Was mir fehlt, ist ein alphabetisches Register.

Die Rezepte sind auf hohem Niveau, ohne dass man zum Nachkochen eine Ausbildung haben muss. Grundkenntnisse sind allerdings schon nötig, weil die Rezepte kurz gehalten sind und man daher ein gewisses Wissen mitbringen muss. Auch eine gute Ausrüstung wird vorausgesetzt. Als Beispiel: Ich hätte keinen zusätzlichen Kühlschrank, den ich auf 2 Grad herunterkühlen kann, um Rahmeis über Nacht bei dieser Temperatur reifen zu lassen. Mit der Espuma-Flasche muss man gut umgehen können, um zu wissen, wenn man die Nussbutter ohne zu filtern hineingibt, verstopft die Düse und das Cheesecake-Mousse bleibt drinnen. Auch bei den Zutaten ist das Niveau hoch, aber nicht unerreichbar. Ich habe mir immer helfen können, indem ich die Zutaten durch andere ersetzt oder weggelassen habe.

Ich möchte kurz die Rezepte aus der Frühlingsküche nennen, damit man sich vorstellen kann, was einen erwartet: "Frankfurter grüner Soße", "Erbsen-Cappucchino mit Schwertmuscheln", "Glasiertes Saiblingsfilet mit Radieschen, Hüttenkäse und Bärlauch-Stampf", "Gebeizte Eismeerforelle mit Wildkräutersalat und saurer Sahne", "Bunter Spargel 'family style' mit Sauce Hollandaise und frischem Weißbrot", "Spargelfondbasis ... ein Muss für alle warmen Spargelgerichte", "Bunter Spargelsalat Royal", "Landhausfrikassee von der Holsteiner Poularde mit Frühgemüse, Risibisi und jungem Giersch","Lackiertes Osterzicklein mit geröstetem Spargel, Taglilien und Vanille-Polenta", "Hof-Ferkel-Kotelett mit Frühlingsgemüse und Bärlauch-Gersten-Risotto", "Spanische Mispeln mit Schmandeis, Granola und Süßdolde", "Quarkplinsen mit glasiertem Rhabarber und Ziegenfrischkäse". Dieses Kapitel wird übrigens abgeschlossen durch ein Kapitel namens "Weinlust - im Gespräch mit Rakhshan Zhoule und Rebecca Gfrörer".

Nun koche ich mich teilweise durch Frühling und Sommer, die Jahreszeiten, in denen ich mir dieses Buch vorgenommen habe.


Kleverhof-Caprese mit Büffelmozzarella

Eine elegante Variante vom Tussi-Teller (hüstel ...), nämlich mit Pesto. Hier wären Süßdolde und Bronzefenchel als Gewürze nötig gewesen, aber ich konnte leider keines von beiden bekommen. Dennoch ein sehr gutes Gericht!















Erbsen-Cappucino

Im Buch wird dieser Cappucino mit Schwertmuscheln dazu serviert, die ich leider nicht bekommen konnte. Das Süppchen war jedenfalls sehr gut! Nur das wirklich dunkle Grün der Suppe wie im Buch habe ich nicht zusammengebracht.


Nussbutter

Die brauche ich immer wieder, daher nehme ich gern Tipps an, wie man sie noch besser machen kann. Ich habe bisher die Butter immer einfach geschmolzen. Hier wird aber gerührt und die Nussbutter außerdem mit Muskatnuss, schwarzem Pfeffer und Meersalz gewürzt.
Marinierte Erdbeeren mit frischen Buchteln und Romanov-Jus

Ich gestehe, mit dem Teig für die Buchteln habe ich arg gerauft, weil der so weich war, dass ich keine Buchteln formen konnte. Da half aber ein Bild im Buch weiter, denn die Buchteln werden mit Löffeln abgestochen. So wurde dann doch etwas aus den Buchteln. Jus Romanov geht so, dass ein Teil der Erdbeeren mit grünem Pfeffer, Zucker, Portwein und Zitronensaft püriert wird, was seeehr elegant schmeckt.
Gebeiztes Forellenfilet mit Wildkräutersalat und saurer Sahne

Das war nicht nur ein Augenschmaus, sondern auch eine Gaumenfreude! Im Buch wird Eismeerforelle verwendet, bei mir war es schlicht eine Forelle aus dem Waldviertel, was sicher noch einmal ein Unterschied ist. Es hat uns jedenfalls ausgezeichnet geschmeckt!
Spargelfondbasis

Noch eines der schönen Basisrezepte: Zwiebel, Staudensellerie, Gewürze und Zitrone werden mit jeder Menge Spargeschalen ausgekocht. So erhält man eine gut schmeckende Basis, mit der Spargelgerichte von vornherein gleich gut Geschmack mitgibt.







Bretonische Artischocken aus dem Sud mit Sommerdips

Wenn ich Artischocken gekocht habe, dann bisher immer in Salzwasser so wie hier. Ganz anders in dem Buch: ein gehaltvoller Sud aus Fenchel, Weißwein, Zwiebel und verschiedenen Kräutern wird hergestellt und die Artischocken werden darin gekocht. Das bringt natürlich schon von vornherein mehr Geschmack in das Gemüse. Dazu habe ich zwei der drei vorgeschlagenen Dips gemacht, die waren beide himmlisch und dabei richtig einfach zu machen.











Für wen das Buch funktioniert? Ambitionierte HobbyköchInnen wie mich und ganz sicher für Gäste des Lokals von Matthias Gförer, die mehr über ihn wissen wollen. Als Anfängerkochbuch würde ich es nicht empfehlen.

Eine weitere Rezension mit zwei Rezepten: Bushcook

Fakten zum Buch
Preis: 32,- € (D), 32,99 € (A), 43,90 CHF
ISBN: 978-3-517-09860-9
Hardcover, Pappband,
Umfang: 240 Seiten
Format: 19,5 x 24,0 cm
150 farbige Abbildungen
Erschienen am  21. Oktober 2019

Bestellen kann man das Buch wie immer beim Buchhändler ums Eck, direkt beim Verlag oder im Internet bei einem der vielen Buchhändler, die versenden. Für Österreich hier eine Liste der Buchhandlungen mit Online-Versand.
Die Links sind alle keine Affilate-Links.
Danke an den Südwest Verlag für das Rezensionsexemplar. 

8 Kommentare :

  1. Ich durfte schon einmal mit Matthias Gfrörer in der Gutsküche Wulksfelde kochen, ein tolles Erlebnis

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    1. Hach, das würde ich sehr gern auch machen. Mir gefällt der Umgang mit den Produkten sehr, sehr gut.

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  2. Da hast du fleißig gekocht, Susi ... Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Rezepte du für eine Rezension nachkochst! Vorbildlich, so soll es sein ... :-)

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    1. Danke für die Blumen. Aber anders kann ich nichts über ein Kochbuch sagen, wenn ich nicht ausführlich draus gekocht habe. Keine Ahnung, wie andere Rezensenten das machen.

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  3. Das klingt nach Rezepten mit so manchen Raffinessen. Vielen Dank, dass du immer wieder solche Bücher vorstellst.
    Liebe Grüße
    Sigrid

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    1. Liebe Sigrid,
      das Kochbuch ist für einen Kochprofi wie dich wie gemacht.

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  4. Deine Kochbuch-Rezensionen verleiten mich immer wieder; du hast wohl einen exquisiten "Riecher". Es ist schön immer wieder was Neues kennenzulernen, danke dir.
    Hatte keine Ahnung dass eine Caprese in Ö als Tussiteller dasteht (gehört sie hier in Bella Italia nebst Schinken und Melone und ähnlichem zum täglichen schnellen Nachtmahl für Eilige ;)))
    LG, Andrea

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    1. Liebe Andrea,
      der Ausdruck Tussiteller stammt nicht von mir, sondern der ist hier schon recht gebräuchlich, weil es sehr oft wirklich Tussis sind, die Caprese in Restaurants bestellen.

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